Therapie der Akuten Lymphatischen Leukämie

Wegen Lieferengpass: Vincristin statt Vindesin einsetzen

Stuttgart - 15.05.2024, 09:15 Uhr

Wie die natürlichen Vinca-Alkaloide Vincristin und Vinblastin wird Vindesin aus Catharanthus roseus gewonnen. (Fotomontage: jh DAZ / Stada)

Wie die natürlichen Vinca-Alkaloide Vincristin und Vinblastin wird Vindesin aus Catharanthus roseus gewonnen. (Fotomontage: jh DAZ / Stada)


Aus Sorge vor einem Versorgungsengpass mit Vindesin in der Therapie der akuten lymphatischen Leukämie (ALL) bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen hat die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO) am 2. Mai Handlungsempfehlungen veröffentlicht.

Der Lieferengpassdatenbank des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist zu entnehmen, dass seit dem 23. Oktober 2023 ein Lieferengpass für Vindesinsulfat (Eldisine) besteht. Zulassungsinhaber Stada gibt als Grund Probleme in der Herstellung an.

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Am 2. Mai 2024 hat die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO) Empfehlungen zum Ersatz von Vindesin veröffentlicht. Zuvor hatte ein Versorgungsengpass offenbar durch die Verwendung von Lagerbeständen und durch Importe weitgehend vermieden werden können. Doch am 2. Mai erklärte die DGHO nun, dass eine geplante Bevorratung mit einem Sicherheitsbestand seitens des Herstellers nicht umgesetzt werden konnte und der Engpass bis Ende 2025 andauern könne. Laut Lieferengpassdatenbank des BfArM wird der Vindesin-Engpass sogar bis zum 1. Juni 2026 andauern.

Wenn Vindesin-Import nicht möglich, Vincristin einsetzen

In der Stellungnahme der DGHO – die diese gemeinsam mit der GMALL (German Multicenter Study Group for Adult Acute Lymphoblastic Leukemia) und der GPOH (Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie) erstellt hat – heißt es, dass Vindesin als Vinca-Alkaloid fester Bestandteil der Protokolle zur Therapie der 

  • akuten lymphatischen Leukämie (ALL) bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ist.
  • Auch in Protokollen aggressiver Non-Hodgkin-Lymphome (v. a. Burkitt-Lymphom/-Leukämie) und seltener beim
  • diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL) fehlt Vindesin nun zur Behandlung.

Da ein Weglassen von Vinca-Alkaloiden die Heilungschancen mit hoher Wahrscheinlichkeit verschlechtern würde, soll jetzt – falls ein Import von Vindesin nicht (rechtzeitig) möglich ist – Vincristin eingesetzt werden. Laut der europäischen Arzneimittelbehörde EMA besteht in allen Ländern, in denen Eldisine (Vindesin) vermarktet wird, ein Engpass.

Äquivalenzdosen zwischen Vindesin und Vincristin nicht klar definiert

Allerdings sind Äquivalenzdosen zwischen Vindesin und Vincristin nicht klar definiert. Deshalb wird „ein pragmatisches Vorgehen“ vorgeschlagen, das sich am Einsatz von Vincristin in anderen Protokollen der GMALL orientiert.

„Vindesin ist ein semisynthetisches Vinca-Alkaloid. Wie die natürlichen Vinca-Alkaloide Vincristin und Vinblastin wird es aus Catharanthus roseus gewonnen. Auf der Basis von in-vitro-Studien wurde eine geringere Neurotoxizität von Vindesin postuliert. So hat Vindesin seit Ende der 70er Jahre in Deutschland Einzug in unterschiedliche Therapieprotokolle mit Einsatz von Vinca-Alkaloiden gefunden.“

Stellungnahme der DGHO vom 2. Mai 2024

Das Risiko negativer Konsequenzen, wenn Vindesin durch Vincristin ersetzt wird, schätzen die Fachgesellschaften als sehr gering ein. Bei vorbestehender oder sich entwickelnder Polyneuropathie solle aber eine Dosisanpassung erwogen werden.  


Deutsche Apotheker Zeitung / dm
redaktion@daz.online


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